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Stefan Milow
eigentl.: Stefan von Millenkovich

geb. 9.3.1836 Orsova/Banat
gest. 12.3.1915 Mödling  Grabstätte ebd.

Lyriker, Erzähler, Dramatiker.
Von 1902 bis 1915 lebte Stefan Milow in Mödling, in der Marktgasse 15, die heutige
Dr. Hans Schürff Gasse 19.
In der GR Sitzung am 10. März 1961 ist die noch heute gültige Straßenbenennung
beschlossen worden.

Seine Liebesgedichte sind von 1882 und 1908

 

Liebesgedichte

 
Von der Liebe

Nein, sie darf nicht stürmisch kommen,
Soll sie mächtig sein und dauern,
Sondern zagend und beklommen,
Mit geheimnisvollen Schauern.

Nicht in Worten darf sie sprechen,
Noch sich überreden lassen;
Schwüre könnte sie nur brechen,
Und es kann kein Laut sie fassen.

Stets am tiefsten wird sie binden
Und sie ist in stärksten Banden,
Wenn die Herzen still sich finden,
Ahnungslos, uneingestanden.


Ausgleichung

Ach, bang und ruhlos ist mein Sein!
An keiner Stätte kann ich weilen;
Das kommt von dir, von dir allein,
Du bist mein Schmerz, der nie zu heilen.

Und doch – ich will dich benedei'n;
Leid' ich um dich auch unermessen,
So hab' ich doch durch dich allein
Längst allen Schmerz der Welt vergessen.


Der Einzigen

Du wunderbares Herz voll Liebe,
O welch' ein Segen, dass du mein!
Wenn sonst auch kein Besitz mir bliebe,
Du schlössest alles für mich ein.

Wie vieles mir dahingeschwunden,
Wie viel Ersehntes stets noch säumt;
Hab' ich in dir doch mehr gefunden,
Als kühnen Flugs ich je geträumt.

Und seufz' ich doch in mancher Stunde
Um das, was mir das Sein verwehrt,
Und fragst du dann mit sanftem Munde,
Was mir die Seele so beschwert;

Da schreck' ich auf bei deiner Frage
Und möchte flehn: Verzeihe mir!
Ist denn nicht jede Schmerzensklage
Ein Frevel, herrlich Weib, an dir?


Unverloren

Nur flüchtig ist der Liebe Glück;
Es rechne keiner in die Ferne,
Und keiner schaue bang zurück,
Versanken seines Himmels Sterne.

Einst fassest du es selber nicht,
Dass du so heiß nach mir gerungen;
Dass wir, voll Seligkeit und Licht,
So weltvergessen uns umschlungen.

Ich aber klage dich nicht an
Und trage stumm des Schicksals Walten,
Wenn unerbittlich mir zerrann,
Was nimmer, nimmer festzuhalten.

Ob all die Tage, goldumsäumt,
Mir nichts von treuer Dauer brachten:
Da ich geliebt, gehofft, geträumt,
Was sollt' ich als verloren achten?


Abschied

Leb wohl! verlieren soll ich dich,
Auf die mein ganzes Glück ich setzte;
Du neigst dich zitternd über mich,
Und dieser Kuss er ist der letzte.

Unsäglich Weh! Begehrlich hängt
Sich Mund an Mund in stummen Gluten,
Allein ein Strom von Tränen drängt
Dazwischen seine bittern Fluten.

Und doch – wie bang die Brust dir wallt,
Sprich nicht von unheilbaren Wunden!
Uns beiden wird Erlösung bald
Nach all den tränenreichen Stunden.

Wer weiß, was dir noch blühen mag,
Du bist ja reich an Kraft und Fülle;
Ich aber fühl's, schon naht der Tag,
Wo ich in ew'gen Schlaf mich hülle.

Leb wohl, leb wohl! Und klagt dein Schmerz,
Du wirst es nimmer überstehen,
So presse nur die Hand ans Herz
Und glaub', es muss vorübergehen.

Welch Leiden das Geschick uns bot,
Ob noch so bang davor wir beben:
Ich überwind' es durch den Tod
Und du bezwingst es durch das Leben.


Enttäuschung

So soll auch dieser Traum entschwinden,
Auch dieser Himmel also log!
Was schämst du dich, dass dein Empfinden,
Mein armes Herz, dich so betrog?

Gesteh's nur, du warst ganz versunken,
Es war ein tiefes, volles Glück,
Dass du in sel'ger Glut getrunken -
O nimm es jetzt nicht stolz zurück!

Und hast du falsch in ihr gelesen,
Und hast du falsch auf sie gebaut;
Du liebtest nicht, was sie gewesen,
Du liebtest nur, was du geschaut.

Und hast du, träumend schönre Welten,
Ihr Bild mit goldnem Glanz umwebt,
So darf darum dich niemand schelten,
Da dich dein Wahn nur selbst erhebt.

Gesteh's nur, du warst ganz versunken,
Es war ein tiefes, volles Glück,
Das du in sel'ger Glut getrunken -
O nimm es jetzt nicht stolz zurück!


Einem Verlorenen

Versöhnung! welch ein Wort von mächt'gem Klange!
Wie süß die Träne, die das Auge weint,
Wenn Zwei nach manchen Irrsals bangem Drange
Sich in die Arme sinken neu vereint!

Erblühte mir auch eine solche Stunde,
Wo wir gerührt uns halten, Hand in Hand,
Und wieder eins, wie sonst, im Herzensgrunde,
Aufjubelnd knüpfen neu das alte Band!

Allein umsonst! Uns trennt kein blindes Grollen,
Kein jähes Wort, das jetzt die Lippe spricht
Und, wie es dem Erzürnten kaum entquollen,
Ihm auch schon fast das eigne Herz zerbricht.

Uns trennt ein Abgrund, nimmer auszufüllen,
Und folgt' ich meiner heißen Sehnsucht Zug,
Und wollt' ich, was mich peinigt, mir verhüllen,
Was frommte mir ein solcher Selbstbetrug?

Hier ist nicht eine Tat nur zu vergessen,
Hier stürzte alles, drauf ich einst gebaut,
Und nichts, ach! heilt das Leiden unermessen,
Dass ich im tiefsten Wesen dich durchschaut!


Letzte Hoffnung

Noch Aug' in Aug' und doch geschieden!
Du stehst vor mir, dein Wort erschallt;
Doch traur' ich, krank und ohne Frieden,
Da ja dein Herz geworden kalt.

Nur manchmal zuckt's aus deinen Blicken
Als wie das alte süße Glück,
Und ach! mich will der Wahn bestricken,
Es kehrt noch einmal mir zurück.


Im Lebensstrome

Soll mir um deine Treue bangen,
Weil du umrauscht von einer Welt,
Und beb' ich, dass ein neu Verlangen
Die junge Brust dir mächtig schwellt?

Was ringsum blüht vor deinem Blicke,
O wünsch ich's in das Nichts zurück,
Nur dass dir's nicht das Herz bestricke,
Mir nicht zerstöre all mein Glück?

Nein, süßes Lieb! Sieh', ich vertraue,
Weil ich dir ja vertrauen muss;
So flattre immer zu und schaue
Des reichen Lebens schönen Fluss.

Sei frei, umspült von seinen Wellen!
Dich hält die Liebe nur im Bann,
Und alles, alles muss zerschellen,
Wenn ich dich nicht mehr binden kann.


Inniges Band

Aus einem Grund ist unser beider Leben,
Verschlungen ist's aus einem Keim entsprossen;
Es wuchs, von einem Element umflossen,
Und pulst in einem Hoffen, Bangen, Streben.

Ja, wir erquickten uns im Wechselgeben,
Und hatten längst uns unbewusst genossen,
Bevor die Zeit das Aug' uns aufgeschlossen
Und wir, was wir uns sind, geschaut mit Beben.

Nun kann ich ganz das tiefe Band erkennen;
Ich wurzl' in dir und mein Gedeihn ist deines,
Und wollten wir uns je gewaltsam trennen,

Ich fühl's, es würd' uns beiden zum Verderben,
So wie die Zwillingsfrucht, geteilt, doch Eines,
Und brichst du eine, muss die andre sterben.


Hohe Liebe

Sieh mir ins Auge, schlinge den Arm um mich
Und las uns selig, schwelgend im Hochgefühl
Der schönsten Wonne und Vollendung,
Über der Welt in Verklärung schweben.

Kein Wort von Treue! Schwüre begehr' ich nicht,
Du schmähtest so nur heiliger Liebe Glut;
Aufblüh' uns segnend diese Stunde,
Gänzlich gesättigt in sich und sorglos.

Es liegt im Kusse, welchem der Gegenkuss
Gespendet, schön und herrlich geschlossen schon
Ein ganzes Schicksal, ganzes Leben;
Bliebe den Liebenden noch ein Sehnen?

Sei frei! und dies nur höre zu deinem Schutz:
Erkalt' ich jemals, bann' ich mich selbst von dir;
Nie soll mein Mund, dich schnöd entweihend,
Ohne Verzücken den deinen streifen.


Selbstermahnung

Was will ich dir in die Arme fallen?
Was will ich dir meine Liebe vertraun?
Das Schönste an dir gehört doch allen:
Ist's nicht genug, dich bloß zu schaun?

Zu schauen im Vorüberwallen
Dein holdes Gesicht, den lieblichen Blick;
Das Schönste an dir gehört doch allen:
Was träum' ich mein eigenes süßes Geschick?

Was folg' ich, von deinem Zauber umsponnen,
Dem Sehnen, das drängend aus mir bricht:
Erschöpflich sind all deine Wonnen,
Und nur dein Anblick ist es nicht.

 
Ewig!

Aus tausend Knospen bricht die Kunde,
Es ist nur Täuschung aller Tod!
So klingt es schmetternd in der Runde,
So spricht das goldne Morgenrot.

Wir stehen unter Blütenbäumen -
Mit Jubel denk' ich's, dass du mein,
Und rufe laut in sel'gen Träumen:
O dieses Glück muss ewig sein!

Da fallen welke Blüten nieder,
Es schauert leis der Lenz im Wind:
Ja, ewig! sagst du lächelnd wieder
Und blickst auf unser spielend Kind.


Nach der Erfüllung

Das Schönste bleibt doch stets das Sehnen,
Der Liebe erste Werdezeit,
Das bange Zagen, süße Wähnen,
Die stille Traumesseligkeit.

Denn was du damals vorempfunden,
Die Brust von Himmelslicht erhellt,
Das bringt, wie viel du auch gefunden,
Dir später kein Besitz der Welt.


Liebesruhe

Du, die mein Sehnen oft durchschifft,
Mein bist du, schöne Runde!
Du leuchtend Blau, du bunte Trift,
Ihr schickt mir holde Kunde!

Ich bin gestillt, ich suche nichts;
Doch fällt von jedem Schönen
Mir in das Herz ein Strahl des Lichts
Und süße Lieder tönen.

Was zog nur segnend in mich ein -
O träumerisches Blühen!
Welch eine Fülle nenn' ich mein -
Und ohne banges Mühen!

Was je mich heiß erregt, entschlief,
Kein Wunsch, der mir noch bliebe;
Das macht: ich ruhe, voll und tief,
In still beglückter Liebe.


Bangen

Sie wollen dich mir verkleinern,
Sie nennen dich wandelhaft,
Sie wollen den Glauben mir nehmen
An deiner Liebe Kraft.

Die Menschen, die bösen Menschen!
O schmähn sie dich noch lang,
Sie werden das Herz mir vergiften,
Mein Gott, mir ist so bang!

Sie wollen dich mir verkleinern,
Sie sähen mich zweifeln gern,
Und du, du musst es dulden,
Denn du bist fern, ach fern!

Bist fern und kannst nicht, innig
Das Haupt an die Brust mir gelegt,
Mir sagen und wieder sagen,
Wie treu dein Herz mich hegt.


Stille Zuversicht

So bist du endlich mir erschienen!
So stehst du leuchtend vor mir da!
Das ist der Blick, das sind die Mienen,
Wie ich sie oft im Traume sah.

Ein Jeder muss in süßen Schauern
Dich preisen laut mit Jubelklang,
Auf jeden deiner Tritte lauern,
Zu huld'gen dir im Feuerdrang.

Ich aber halte mich zur Seite,
Von keinem Ungestüm verzehrt;
Ich dämpfe meinen Puls und schreite
Mit stummer Lust in mich gekehrt.

Ich dränge nicht zu dir und spähe
In banger Hast nach deinem Blick;
Gesegnet schon durch deine Nähe,
Träum' ich das seligste Geschick.

Ich kann es ja im Tiefsten ahnen,
Dass dich auch jener Geist berührt,
Der dich mir wies und unsre Bahnen
Also zusammen jetzt geführt.

Er schwebt als Lenker vor uns beiden,
Du suchest mich, wie du mir fehlst:
Ich harr' in Zuversicht bescheiden,
Bis du mich schaust und hold erwählst.


Verdamme nicht!

Sprich nicht zu rasch das Wort, das mich verdammt,
Wenn dich mein schwankend Wesen oft verwirrt,
Und zürnst du mir, vom Augenblick entflammt,
O prüfe! dass dein jäher Zorn nicht irrt.

Gemein ist nicht dies Herz und nicht gemein
Das Maß, das es zu seiner Schätzung will,
Und kann ich nicht, was du gehofft, dir sein,
Und willst du fluchen schon, sei still! sei still!

Was dir mein Bild verdeutlicht, ist zerstreut,
Du musst die Züge sammeln liebevoll,
Wie sie mein unstet ringend Leben beut;
Doch sagt dir freilich keiner, was er soll.

Ich selber bilde ja mit Müh' an mir,
Nach einem Ganzen streb' ich, schön und klar;
Doch ob mir's glückt? verzweifeln möcht' ich schier
Und matter, müder werd' ich Jahr um Jahr.

Wie lang noch währt's? ich fühl's mit bangem Sinn,
Dass mir die Lebensonn' im Mittag brennt;
Wie lang noch währt's? und meine Zeit ist hin,
Und alles bleibt ein ärmliches Fragment.


Vollendung

Was kann dir fehlen? Du bist schön!
Dies schließt ja jede Zier schon ein,
Was kann dir fehlen? Du bist schön!
Damit ist alles, alles dein.

So leuchtet nicht des Auges Licht,
Wenn keine Glut das Herz gewährt,
So sprechen auch die Züge nicht,
Wenn keine Seele sie verklärt.

Verkündet nicht dein junger Leib,
Wie er in holder Anmut schwebt,
Die Harmonie, begnadet Weib,
Die dir zugleich im Innern lebt?

Was jeden, der dich schaut, ergreift,
Mit unbewusstem Stolz dich füllt,
Ist die Vollendung, rein gereift,
Die schon dein Anblick licht enthüllt.

Du wallst dahin so frohgemut,
Umwogt von jubelndem Getön;
O du bist reich, bist edel, gut:
Was kann dir fehlen? Du bist schön!


Verfallen

Welch ein Zauber in den Blicken,
Und das Herz wie starr daneben!
Ist's denn möglich: so bestricken
Und doch nur so wenig geben!

Ach, mich will's vergebens warnen:
Deinen Blick, den blitzend lichten,
Brauchst du, Opfer zu umgarnen,
Und dein Herz, sie zu vernichten.


Ewig dein

Wenn ich nicht jubeln kann
Und dir betrübt erscheine,
So klage mich nicht an,
Ich bin doch ganz der Deine.

Und jauchzt' ich noch so sehr
In wonnevollen Stunden,
Dies Wehe sagt noch mehr,
Wie tief ich dir verbunden.

Verletzen kannst du mich,
Doch kannst du mich nicht kühlen,
Und nimmer lass ich dich,
Dir weih' ich all mein Fühlen.

In Nacht und Frühlingsschein
Du lebst mir stets im Herzen,
Und meine Lust ist dein
Und dein sind meine Schmerzen.


Flüchtige Begegnung

Wir sahen uns nur eine kurze Stunde,
Doch lebt ihr Nachklang stets wohl in uns beiden,
Die Blicke hielten sich noch fest im Scheiden,
Und bange scholl der letzte Gruß vom Munde.

Nun bist du fern; wir tauschten keine Kunde,
Ich weiß, ich muss dich ohne Hoffnung meiden;
Doch mag ich's mit gefasstem Mute leiden,
Bebt mancher Wunsch auch still im Herzensgrunde.

Dass wir getrennt, vielleicht ist's eine Segnung.
So manches will in luft'gem Traum nur leben
Und fassen wir es rau, muss es zerstieben.

Jetzt bin ich selig, denk' ich der Begegnung
Und sehe dich wie damals vor mir schweben
Mit jenem Blick, der sprach: Dich könnt' ich lieben!


Werdende Liebe

Wir sitzen beisammen und sprechen gar viel
Von Dingen alltäglich und nichtig;
Das hat nicht Gehalt und hat nicht Ziel,
Und dennoch, wir nehmen es wichtig.

Du lächelst wie selig bei jedem Wort,
Das scherzend mein Mund dir verkündet;
Mich reißt dein kindisches Wesen fort
Und weiter plaudre ich entzündet.

Wie kann uns nur ein Nichts so hold
Die fliehenden Stunden schmücken?
Woher um uns nur Sonnengold?
Und in uns nur Entzücken?

Ob laut aus der Brust uns der Jubel schon bricht,
Und ob's an die Stirn uns geschrieben:
Mein Kind, wir wissen's noch beide nicht,
Dass wir einander lieben.


Was dich bezwingt

Du siehst den Funken in mir hüpfen,
Da glüht und zuckt es auch in dir;
Du hörst den Jubel mir entschlüpfen,
Da neigst du lauschend dich zu mir.

Des Glückes ahnungsvoll Empfinden,
Das mir das Innre süß durchbebt,
Hat, möchtest du dich auch entwinden,
Dir selbst die Seele eingewebt.

Wie lang und bang es in dir stritte,
Wär' ich vom Ziele noch so weit,
Und rührte dich auch keine Bitte:
Es zwingt dich meine Seligkeit.

 

Versöhnung
An Sie

Wahr ist's, oft hab' ich diese Welt verhöhnt,
Hab' ihr verbittert heißen Kampf geschworen,
An blinden Groll war dieses Herz gewöhnt
Und hätte bald im Kampf sich selbst verloren.

Ich habe vieles ungeprüft verdammt
Und unbedacht so manchen Fluch gesprochen;
Doch war ich für das Höchste auch entflammt
Und manches Wort hat mir die Welt gebrochen.

Vorüber zog ich manchem sichern Port,
Der freundlich mir zur stillen Einkehr winkte,
Oft riss mein rascher Sinn mich jählings fort
Und manchem Irrlicht folgt' ich, das mir blinkte. -

So sei's! die träge Ruhe such' ich nicht
Der leeren Herzen, die um nichts gestritten,
Den neid' ich nicht, dem nichts den Frieden bricht,
Der nie in Zweifeln bang bewegt gelitten.

 
Und wenn auch fast die Kraft im Sturme brach,
Und mochte drohend hoch die Brandung wogen,
So schöner ist's, wenn endlich allgemach
Die Stille in ein ringend Herz gezogen.

Nun du erschienen mir und mich gelehrt,
Dass aus dem Himmel ich mich selbst verbannte,
Mich nur in selbst geschaffner Qual verzehrt
Und blind des Glückes reichsten Quell verkannte;

Nun sich dein Zauber mir geoffenbart
Und du in deine Hut mich aufgenommen:
Ist nach der unstet irren, langen Fahrt
Zwiefacher Segen über mich gekommen.

Wie wird mir nun, da alle Trübe schwand,
Da rings um mich die Welt im hellen Scheine,
Und ich auf deine rettend milde Hand
Still die Versöhnungsträne niederweine!

 
Göttlichkeit

Süßes Mädchen, wie du schön bist!
Wie so lieblich deine Miene,
Wie so mild der Blick des Auges,
Wie so hold des Mundes Lächeln
Und wie wunderzart die Blüte
Deines magdlich jungen Leibes!
Und das alles, süßes Mädchen,
Hast du nicht für dich – o denk' es! -
Hast den ganzen großen Reichtum
Bloß nur, um ihn zu verschenken.


Im Glück erstarrt

Ich bin erstarrt
In meinem Glück.
Seit jener Minute -
O dieser Blick!
Dies holde Nicken! -
Seit jener Minute,
Da mir geworden
Die süße Gewissheit,
Dass du mich liebst,
Bin allem ich tot,
Was um mich ist,
Und rege mich nicht.
Die Bläue des Himmels
Ich sehe sie nicht,
Den Hauch des Frühlings
Ich fühle ihn nicht,
Die Stimmen der Vögel
Ich höre sie nicht;
Mit allen Sinnen
Nach innen gewandt,
Erschau' ich nur dich,
Wie jene Minute
Dich mir geschenkt.
Ich bin erstarrt
In meinem Glück.

 
Wandelnde Liebende

Zwei Liebende, die schreiten,
Kann ich am Schritt erkennen:
Ob sie im Innern brennen,
Kein Ziel scheint sie zu leiten.

Das Ziel ist zu erkunden,
Doch gibt's ein langes Fragen,
Ein Zweifeln und ein Zagen,
Bis sie sich hingefunden.


Nachruf

Dass ich von dir gegangen,
O dank' es mir, mein Kind!
Noch war ich traumbefangen,
Noch war mein Auge blind.

Noch lodert' ich in Flammen,
Ob ich gezweifelt schwer,
Und ganz dich zu verdammen,
Vermocht' ich nimmermehr.

Und musst' ich scheu dich fliehen,
Die heiße Träne rann,
Und musst' ich von dir ziehen,
Ich blieb in deinem Bann.

So preise nur den Toren,
Der, was ihn auch gedrückt,
Das Weib, das er erkoren,
Noch immer sich geschmückt;

Dem, da du schon voll Tücke
Ihm sannst die letzte Schmach,
Nachweinend seinem Glücke,
Das Herz vor Sehnen brach.



 

Notwendigkeit


O Liebe, Liebe, wer dich fassen mag!
Bestimmt war alles schon am ersten Tag,
Bestimmt das Ende längst; doch keinen Zwang!
Du musst es gehen lassen seinen Gang.
Du pflückst nicht heut, was dir erst morgen reift;
Umsonst, dass deine Hand danach schon greift.
Dein ist der Preis, gewiss; doch nur Geduld!
Durch Lust und Leid, Entsagung und durch Schuld
Hinauf, hinunter geht es, kreuz und quer;
Du ringe nur und achte nichts zu schwer,
Bis wird, was schon bestimmt am ersten Tag:
O Liebe, Liebe, wer dich fassen mag!